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Checkpoint Tønder (EU-Außengrenze)

Autorenbild: Sven Sven

An die ständigen Kontrollen durch die dänische Polizei, Zoll und Grenzschützer hatten wir uns rasch nach dem Umzug meiner Frau und Tochter gewöhnt, Dänemark ist halt etwas eigen und hält sich nur dann an EU-Regeln, wenn sie Dänemark nützen, ansonsten gar nicht.

Ganz und gar ungewohnt war dann allerdings für meine Tochter, dass sie nachts um zwei von einem jaulenden und blinkenden Streifenwagen aus dem Verkehr gezogen wurde, zwei Beamte die Nummernschilder von ihrem Auto abschraubten, das Nummernschild verbogen und an sich nahmen und ihr untersagten, das Auto weiter zu bewegen. Genauere Gründe nannten sie keine, weil sie selbst die nicht kannten. Sie führten nur Anweisungen aus. Eine Überwachungskamera hatte das Auto „geflaggt“ und die Außerbetriebnahme angeordnet. Details könne die Fahrerein bei der zuständigen Behörde in Kopenhagen erfragen, gute Nacht.

 

Die Streifenbeamten ließen meine Tochter nachts mitten in der Pampa auf der Straße stehen (Dänemarks Vergewaltigungsrate ist hoch). Zum Glück war ich gerade im Lande, kann mich auch nachts rasch anziehen, und konnte die Tochter vom finsteren Straßenrand einsammeln. Wie sich nach einigen Telefonaten mit der Skat in Købnhavn herausstellte, hatten wir aufgrund eines Umrechnungsfehlers 0,07 Eurocent zu wenig KFZ-Steuer für den dänischen Gebrauchtwagen überwiesen (man kann in Dänemark vor bestandener Einreiseprüfung und Ausstellung der Bürgerkarte kein Bankkonto eröffnen (Tipp für alle Zahlungen: immer großzügig AUFrunden). Die KFZ-Steuerhinterziehung war natürlich vermerkt und im vollvernetzten Dänemark an alle Behörden weitergegeben, also vom scannenden Überwachungsrechner im Polizeiwagen bemerkt worden, daher der Einsatz der Streife und die sofortige Stilllegung des verbrecherischen Autos. (Man sieht oft herrenlose Autos ohne Nummernschilder am Rand dänischer Straßen, die Autos stehen nicht zum Verkauf.)

 

Kosten für die Ordnungswidrigkeit: 250 Euro für ein neues Kennzeichen und die Neuausstellung aller Papiere, 450 für den Abschlepper; Tochter zum Glück durch die Umbrüche der vergangenen Jahre längst so abgehärtet, dass sie die Episode mit ungläubigem Lachen zu den Akten legte. Nur die ständigen Polizeikontrollen an der Grenze machen sie seither sehr nervös.

 

Nun gab es diese Dauerkontrollen beim Passieren der Grenze von Deutschland nach Dänemark schon immer,  gern auch nachts mit Verfolgern vom Zoll im Rückspiegel. Relativ neu sind die Kontrollen in der Gegenrichtung, auf der deutschen Seite. Die deutschen Beamten haben aber jüngst endlich aufgerüstet und sitzen nicht mehr in ihren Streifenwagen, sondern inzwischen in einem Container am Straßenrand. Der hat seit drei Wochen sogar ordentliche Scheinwerfer auf dem Dach, das macht was her, und der Ernst der Lage im Grenzstreifen wird grell unterstrichen.

 

Ich werde bei meinen häufigen Grenzpassagen als Pendler zwischen Hamburg und Südjütland dauernd angehalten, auf beiden Seiten, schon deshalb, weil das Nummernschild an meinem Auto (geliehen, ich habe kein eigenes) nicht in die Gegend passt. Unlängst wurde ich deshalb auf deutschem Boden beim Tanken auch von einem besoffenen Bremer (mit Fahrrad) aus nächster Nähe sehr beschimpft, präziser „dhssjaabaechtEierhier! Ausbaianheahhtzukomm“, er plädierte wohl (unklar) für eine Grenzschließung zwischen Nord- und Süddeutschland; die Beamten an der Grenze sind aber beiderseits viel freundlicher und fragen nur, was man denn in D bzw. in DK wolle und wieso und zu wem, und wo wohnt der oder die genau? Rückfragen sind da nur bedingt erwünscht, einige sollte man ganz weglassen („Was geht denn Sie das an?“), aber ich kenne da ja fast nix und frage gern.

 

Die dänischen Polizisten erklären mir, man schütze das Land vor unerwünscht anreisenden Besuchern, seit jeher, und zwar auch gegen all die dauernden Proteste aus Brüssel. Siehe oben: Dänemark hält sich nur an EU-Regeln, wenn sie Dänemark nützen. Alle anderen EU-Regeln werden einfach ignoriert. Neben der Kontrolle der Fahrzeuginsassen und von deren Nationalität und Absichten in DK schaue im übrigen in jüngerer Zeit vermehrt nach Drogenschmugglern. In Dänemark gelten noch die knallharten Gras-Gesetze wie in Deutschland vor der Vermarktungsoffensive zugunsten von Apotheken, daher schaut man jetzt öfter mal ins Handschuhfach der Deutschen, denn von denen könnte sich ja neuerdings jeder mit Marihuana eingedeckt haben, per Online-Rezept irgendeines KI-Doktors, und sein Gras jetzt auf dänischen Spielplätzen verticken wollen. Und das geht natürlich gar nicht, auf dänischen Spielplätzen ist nur Doppelkorn erlaubt.

 

Die Deutschen Polizisten hingen suchen nicht nach Drogen, sondern nach Jugendlichen. Nichtschweden. Aus Schweden. Weil? Weil die Schweden ihre Gesetze verschärft haben. Jugendliche Straffällige wurden dort bis vor kurzem nicht bestraft, daher betrauten die in Schweden tätigen Clans (keine Schweden) bevorzugt unter 14jährige mit den essentiellen Geschäftsfeldern Drogen-, Waffenhandel und Mord. Seit nun die Straffreiheit für junge Mobster nicht mehr gilt, schickt man sie als verantwortungsbewusster Vater oder Pate eben besser zum Mobstern ins Ausland. Nicht nach Dänemark, wo man sie hart bestrafen würden, sondern ein Land weiter. Die dänischen Grenzbeamten würden nun natürlich einen Teufel tun, junge Transitmobster aufzuhalten. Daher die neuen Kontrollen auf der anderen Seite der Grenze, der deutschen. Inklusive Scheinwerfer auf dem Containerdach.

 

Sogar die bis vor kurzem völlig zerfledderte deutsche Fahne haben sie ausgetauscht. Und der Beamte mit dem gelben Tropfen an der Nasenspitze (kalt war´s), der mir so nett Auskunft erteilte, sprach voller Ehrfurcht von seiner Dienstherrin Frau Doktor Faeser, die unsere Heimat vor allen Kriminellen schützt. Jedenfalls denen aus dem Norden. Bravo. Ich habe mich nicht getraut ihn zu fragen, wieso der Grenzcontainer nur ein, zweimal die Woche zu angenehmen Arbeitszeiten besetzt ist. Vermutlich wird den Rest der Scheinwerfer richten, denn der sieht wirklich abschreckend aus.

9 Kommentare

9件のコメント


khmmw
vor einem Tag

Was für eine Story! Ich nenne mich in vielerlei Hinsicht eine Dystopimistin... Die Welt dreht durch und sie is(s)t ein Pentagramm... Bevorzuge daher Zynismor als einen Magengeschwür... Habe nämlich gehört, soll nicht so gesund sein - das Magen"zeuch"... In diesem Sinne! La(s)chet so lange ihr nicht gefilmt wird :-))) ...denn keiner kommt hier lebend raus ;-) DANKE SVEN!

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a.taafel
1月27日

Wesentliche Gedanken wurden hier schon geäußert, denen ich mich anschließe.

Recht herzlichen Dank für diese wirklich erschreckende Schilderung, die nur durch Deine Art des Ausdrucks noch die Kurve zu einem Hochgenuss genommen hat.

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Sylvie Weber
Sylvie Weber
1月25日

Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. Dank deines Schreibtstiles flutscht einem doch ein Lächeln ins Gesicht, auch wenn die geschilderte Materie eher zum Brechen ist. Und wie gut, daß deine Tochter deinen Humor geerbt hat. Nö, nach Dänemark will ich nicht auswandern. :-)

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hej
1月27日
返信先

Ich lebe auch in Süddänemark und mich kriegen hier keine 10 Pferde mehr weg. Es stimmt, die Digitalisierung hat auch Nachteile und mit Autos kennt man hier gar keinen Spaß. Aber erstens muss man Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen (denn es gibt wohl nirgendwo auf der Welt den perfekten Ort), und zweitens wird Missverhalten der Behörden hier immerhin thematisiert und auch geändert.

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IngeZH
1月24日

Lieber Sven, vielen Dank für den nun doch verfassten Bericht über die Erlebnisse von Pendlern zwischen Dänemark und Deutschland. Das ist ja absolut erschreckend, womit man da so rechnen muss - von den finanziellen Belastungen ganz zu schweigen. Es erinnert mich ehrlich gesagt an frühere Reisen über die Deutsch-Deutsche Grenze... Vielleicht sollten wir Deine frühere Idee, Schleswig-Holstein (oder wenigstens einen kleinen Teil davon) als freie Republik für genetisch Untherapierte und Friedensbewahrer zu reklamieren, doch noch einmal in Erwägung ziehen, denn im Moment fürchte ich eher, dass die Zeiten nicht so bald besser werden. Liebe Grüße aus Bayern Inge

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Sven
Sven
1月24日
返信先

Liebe Inge, ich werde weitere grenzwertige Berichte immer mit "Dänemark" markieren, so verläuft sich niemand dorthin, der sich dafür nicht interessiert. Schleswig-Holstein bzw Norddeutschland als eines der 4 oder 5 Länder nach dem Knall werden wir dann hoffentlich schön gestalten, unternehmen müssen wir erstmal nichts, das erledigen die Deutschen schon selbst. Und dich holen wir dann aus Bayern nach Norden! :) (Die Berge kommen mit in den Umzugslaster!)


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mcnairdittmer
1月24日

Nette Episode, die man entweder mit einem Schmunzeln ad Acta legen kann, oder aber als Anlass nimmt über die immer und überall fortschreitende digitale Vernetzung von Behörden, Banken etc. nachzudenken. In dem Moment wo Beamte keinen Ermessungsspielraum mehr haben, da sie den Grund ihres Vollzugauftrages nicht mehr kennen, werden sie zu ausführenden Organen ohne die Möglichkeit „Gnade vor Recht“ ergehen zu lassen. In eurem Fall ist es völlig egal gewesen, ob 0,07 Cent oder 7000,00 Euro gefehlt hätten. Die allgegenwärtige KI bestimmt das Handeln! Von einer Nachbarin hier in Berlin, die ( immer noch ungeimpft ) bei der Polizei arbeitet, weiss ich, daß die Streifen ständig ausgewechselt werden, um kein gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.

Ich finde diese Episode eher zum Gruseln,…


編集済み
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claudiaschramm1977
1月25日
返信先

Herrlich, kennt man nur gut...Grenzpendler sein ist nicht immer ein leichtes Los und vorallem kann es teuer werden, wenn man vergessen hat die Parkuhr zu verlängern....Auch eine schöne Situation, wenn man als selbstständiger Dachdecker mit dem Firmenauto nach Deutschland fährt und die deutsche Polizei einen fragt, ob man ein Messer dabei hätte.....

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