Aufgrund der Veruntreuung von mehreren Billionen Euro Steuergeldern durch sämtliche Bundesregierungen seit 1957 verfügen wir nicht über eine Nachhaltigkeitsrücklage in den Rentenkassen für 20 Millionen Rentnern x 20 Jahre, sondern lediglich für 2 ... Monate. Obendrein fordern nun die versagenden Verwalter unserer Billionen weitere Billionen für sich selbst, in Höhe von etwa 70% ihrer letzten Löhne für 20-30 Jahre Restlebenszeit. Aber das können wir natürlich niemand vorwerfen als uns selbst, denn wenn wir unsere eigene Sprache wenigstens ansatzweise beherrschten, hätten wir ja von Anfang an gewusst, dass „Rentenversicherung“ nicht bedeutet „ich versichere dich“, sondern „ich versichere dir“. Und das haben wir jetzt davon, dass wir so schlampig mit Akkusativ und Dativ umgegangen sind …
Unsere schöne schwere Sprache (Deutsch) fordert nicht nur neugierigen Zuwanderer gehörig heraus, gelegentlich führt sie auch den Muttersprachler auf Glatteis. Bei einer besonderen Akkusadativ-Finesse führt das nun allerdings gerade zu einer harten Landung, Gesicht voraus, daher gestatte ich mir diesen kurzen Ausflug ins Missverständliche.
Wir Friesen und einige Berliner scherzen gern akkusadativisch „Ich/ick freu mir“, der Volksmund trägt die Eselsbrücke im Mund „Das Mir und Mich verwechsel ich nich, das kommt bei mich nich vor“, und wer Deutsch als Fremdsprache lernt, fragt sich und seinen Lehrer gern ganz ernsthaft, wie man das denn bitteschön korrekt einsetzen soll, dieses „dich“ oder „dir“, „mich oder mir“, „Sie oder Ihnen“ – Heißt es wirklich „Ich frage dich“, aber „Ich stelle dir eine Frage?“ Und lege ich beim Kartenspiel die Spielkarten vor mich auf den Tisch oder vor mir? Ich lege sie „vor mich“, aber sie liegen „vor mir“? Aha.
Natürlich sind das Petitessen, wer spielt schon Karten? Im übrigen versteht man´s doch so oder so? Leider nicht, und wirklich bedauerlich ist das im Zusammenhang mit dem Begriff der „Versicherung“, der leider ein bisschen arg larifari ins Unscharfe geraten ist. Tatsächlich besteht ein nicht so kleiner Unterschied zwischen „Ich versichere dich“ und „Ich versichere dir“, auch wenn ursprünglich beides durchaus das Gleiche meinte, allerdings nur im ganzen Satz seine identische Bedeutung offenlegte, beispielhaft: „Ich versichere dir meine unbedingte Treue“ = „Ich versichere dich meiner unbedingten Treue.“
Wir aber hören und lesen, wenn einer sagt „Ich versichere dich“ etwas ganz anderes als wenn einer sagt „Ich versichere dir“. In „Ich versichere dich“ schwingt unausgesprochen ein ganzes Glas-und-Stahlhochhaus voller Policen mit und voller Festgeldspeicher, gut gefüllt für den Fall jedes Schadenseintrittes. Da sind wir nämlich alle versichert, bei dem Versicherer.
In der Regel gegen Schäden. Ich zahle Prämien, mein Versicherer zahlt, wenn etwas kaputtgeht. Tritt ein Schaden bei mir ein, tritt mein Versicherer für mich ein. Ob nun beim Wasserschaden, Unfallschaden, Hausratschaden oder Goldfischinvalidität. Ich kann mich gegen alles versichern. Allenfalls bei der Lebensversicherung wird es ein bisschen ungenau, aber das ist nur der Pietät geschuldet. Keineswegs habe ich mittels der Police im Fall meines Lebensverlustes einen Anspruch auf Wiederherstellung meines Lebens. „Todesversicherung“ käme der Sache schon näher, andererseits würden wir vermutlich keinem Geld zahlen, der uns im Wortsinn verspricht: „Ich versichere Sie Ihres Todes.“ Allenfalls nähmen wir hier wohl unausgesprochen an, dass der Versichernde meint: „Ich versichere Ihnen, im Fall ihres Schadenfalles (lies: Todes-) Ihren Hinterbliebenen eine Ausgleichszahlung zu leisten“.
Womit wir tatsächlich schon mittendrin sind im dramatischsten aller Versicherungs-mißverständnisse. „Ich rentenversichere dich“ ist nämlich etwas ganz anderes als „Ich versichere dir eine Rente“. Wir hören zwar „Ich versichere dich gegen den Eintritt des „Schadensfalles“ Erwerbsmöglichkeitsende (herrlich, dieses Deutsch) aus Altersgründen“, gemeint und gesagt ist aber „Ich versichere dir eine Rente“: Ich sichere sie dir eine Rente zu. Meine Versicherung entspricht also einem Versprechen meinerseits.
Das „Ich“ in „Ich versichere dir“ ist ein Generationenversprechen, eines, das ich (Kind) meiner Mutter oder meinem Vater gebe. Ich versichere dir, Mutter, Vater, dass ich dich im Alter, wenn du müde und kaputt bist, ohne weitere Gegenleistung deinerseits mit Altersruhegeld ausstatte, so dass du nicht sterben musst, sondern weiterleben kannst. Das ist meine Rente-Versicherung (der Plural ist hier bestenfalls irreführend) an meine Eltern.
In größeren Familien (zwischen 200 und 200 Millionen Mitgliedern) einigt man sich aus sozialen und organisatorischen Gründen einfach darauf, dass die kollektiv gemeinsamen Kinder auch die sehr wenigen unfreiwillig kinderlosen Alten mitversorgen.
Es handelt sich also bei der „Rentenversicherung“ mitnichten um einen Versicherungskonzern oder dessen -Police gegen den Schadensfall Alter, sondern nur um ein Versprechen der Kinder an ihre Eltern, sie im Alter zu versorgen.
Wie kann nun ich diese meine Rente-Versicherung, mein Versprechen halten? Die erste Möglichkeit ist trivial, meine Brüder und meine Schwestern tragen die anfallenden Kosten für unsere geliebten Eltern irgendwann alten zu gleichen Teilen, und da die beiden Alten zwei oder mehr von uns Geschwistern zur Welt gebracht haben, trägt jeder von uns höchstens ein Elternteil. Das ist machbar, und dass wir es machen, versteht sich von selbst.
Dieses Rente-Versprechen können wir halten, solange wir eine Geburtenrate von 2 oder höher haben, also durchschnittlich 2 oder mehr Kinder pro erwachsenes Paar.
Unsere Geburtenrate liegt seit 1970 unter 2, inzwischen bei 1,3. Tendenz fallend. Wir schauen aber hier nicht auf die Dramatik von morgen, sondern die von gestern, aus gutem Grund. Schon die 1950 20jährigen wussten, dass sie bei der sich abzeichnenden Unterdeckung (sic) nur eine Möglichkeit hatten, ihr Rente-Versprechen zu halten. Nämlich aus ihrem Arbeitseinkommen einen Kapitalstock zu bilden, aus dessen Erträgen und Zinsen sie wenigstens die eine fehlende Hälfte sämtlicher anfallenden Altersruhegelder würden bedienen können. Das ließ sich schon damals problemlos über Thorsten Müllers Daumen peilen – wollte man das Versprechen halten, Mutter 1.500 Mark oder Euro monatlich zu überweisen (18.000 jährlich) und konnte wegen der Geburtenschwäche nur die Hälfte selbst erwirtschaften und auch entbehren, benötigte man zum Zeitpunkt von Mutters Rente-Eintritt 1995 dazu einen mit 2-10% verzinsten Sparstrumpf im Volumen von 100.000-500.000 Mark (entsprechend heutigem Euro). Da Vorsicht die Mutter der Porzellankiste war und ist, musste man von einem niedrigen Zins ausgehen, also 2%, denn die 10.000 mussten ja in jedem Fall und immer her, wollten die 1950 20jährigen 1995 ihr Versprechen halten können. Also: Die Strümpfe für die Eltern mussten 1995 mit 500.000 pro Elternteil gefüllt sein. Und zurückzulegen war diese halbe Million pro Kind von den Kindern selbst, im Lauf ihres Berufslebens.
Tatsächlich kommt hier die Idee des Versicherungsgebäudes aus Glas und Stahl wieder ins Bild, in dem findige Verwalter die von jedermanns Lohn abgeknapsten Hunderter gewinnbringend anlegen (zu wenigstens 2%, gern mehr) und vermehren, so dass das Rente-Versprechen aller Einzelnen zu halten wäre. Dieses Versicherungsgebäude könnte man dann zum Beispiel passend nennen „Deutsche Rentenversicherung“.
Und genau so haben wir es auch gemacht. Die Einhaltung unserer individuellen Rente-Versprechen an die Eltern kollektiv organisiert, in den Händen von Staatsdienern. Einzahlungen aller in die Gemeinschaftskasse, vermögensbildend dort verstaut, verzinste Rücklagen bildend für zukünftige Rentnerscharen. Damit haben wir direkt 1949 angefangen, denn wir sind ja nicht blöd, siehe oben, schon den 1950 20jährigen war klar, dass wir das so machen müssen. Haben wir auch gemacht, seit 1949.
Bis 1957.
Danach haben wir allerdings die sogenannte Kapitaldeckung aufgegeben. Nach 1968 haben wir dann endgültig überhaupt kein Kapital mehr aufgebaut, sondern in unserem kollektiven Versicherungsgebäude stillschweigend umgestellt auf Umlage- statt Kapitaldeckung, auf Deutsch: Nix aus Erträgen oder Zinsen, alles aus aktuellen Einnahmen. Von dem, was reinkommt, wird nichts angespart und angelegt, sondern alles direkt wieder rausgegeben als Rente. Mit dem Ergebnis, dass wir heute über Ersparnisse verfügen (die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage) nicht in Höhe der ursprünglich geplanten 20 Jahre x 10.000 Mark allein aus Zinsen aus 500.000 Kapital pro Renten-Berechtigtem), sondern aus nichts von nichts. Genauer gesagt: Unsere Nachhaltigkeitsrücklage reicht nicht für 20 Jahre, sondern für 2 Monate.
Eine etwas genauere Betrachtung der Sachlage und der Veruuntreung von einigen Billionen Euro seit 1957 durch alle Bundesregierungen findet sich bei Bedarf ebenso wie einfache, aber weitreichende Problemlösungsansätze in „Die ganze Wahrheit über alles“ (S. 178f; Westend 2016), hier aber soll nur konstatiert sein, dass wir uns aufgrund eines klitzekleinen sprachlichen Missverständnisses, geboren primär aus Bequemlichkeit, Dummheit, Desinteresse und Verantwortungslosigkeit unsererseits, in eine erfrischend einfache Situation begeben haben.
Ich habe geschlafen, ich habe nicht aufgepasst. Die staatliche Institution, der ich in treuherzig doofem Glauben die Verwaltung meines Geldes überlassen habe, um meine Pflicht meinen Eltern gegenüber zu erfüllen, hat versagt und mich betrogen. Über den mehrere Billionen hohen Versorgungsanspruch der zuständigen Versager gegen mich und meine Generation (in Form von Beamten-Pensionen in Höhe von 71,5% des letzten Soldes) unterhalten wir uns zeitnah gesondert. Dessen unbenommen aber stehe ich persönlich bei meinen Eltern im Wort und versorge sie bis zu ihrem Ableben. Versprochen. Versichert. Diese Versicherung ist meine. Sie ist nicht vererbbar.
Ich habe mich überdies mit meinem 22jährigen Einzelkind verständigt, und es ist bereit, ebenso wie ich das Generationenversprechen zu halten, also seiner Mutter und mir je die Hälfte von dem zuzustecken, was wir zum Leben im Alter benötigen. Alles weitere müssen wir entweder selbst zurück- und angelegt haben, oder werden eben bis zu unserem Lebensende arbeiten müssen. Mein Einzelkind und ich haben uns aber selbstredend auch darauf verständigt, dass seine Versicherung, sein Versprechen nicht gilt für meine Bekannten, die kinderlosen Weiermeiers (Baujahr 1964, Ehegatten-Splitting-Vorteil, Eigenheim, gern Aida), und schon gar nicht für die weiterhin lebenden 4 Eltern des Ehepaares Weiermeier im Alter zwischen 83 (noch tennisspielend) und 96 (in permanenter Wiederherstellungsbehandlung wegen diverser Ko-Morbiditäten, zuversichtlich, so die 107 zu erreichen).
Mein Einzelkind konstatiert ganz zurecht, dass diese neben seiner Mutter und mir sechs weiteren Anspruchsteller 4 bis 7 Jahrzehnte lang erwachsen waren. Mein Einzelkind und ich versichern und versprechen ihnen daher gemeinsam, dass sie für ihre Versicherungshörfehler jetzt selbst bezahlen. Vermutlich mit ihrem Leben. Aber sicher nicht mit dem meines Kindes.
Dabei schließen wir natürlich versöhnlich und wie stets optimistisch: Es ist wirklich gar so schwer, dieses Problem zu beheben, die Stichworte dazu lauten „Verteilung“, „Produktivitätszuwachs“, „Steueroasen“, „Philantrokapitalismus“, „Vergesellschaftung der Maschinendividende“ und „Abschaffung der Teufelszahl BIP als Pseudo-Wohlstandsmesser, sowie aller Bullshitjobs“, aber das alles steht natürlich auf einem anderen Blatt, nicht auf diesem, denn hier ging es ja nur um einen kleinen heiteren Ausflug ins Reich der Akkusadativ-Mißverständnisse.
Ganz großes Kino. Da ich ein paar lichte Momente in meinem Leben hatte (und habe), wurde ich Mutter von 4 (derzeit noch kleinen) Kindern und übe mich täglich am Ignorieren der Ignoranz meiner Mitmenschen, indem ich mich darauf konzentriere, für meine Kinder da zu sein. Klappt meistens ganz gut. Nur wenn wir die Grundstücksgrenze verlassen, wird es manchmal schwierig...
Da ich den Akkusadativ-Ver(w)irrungen nur zum Teil folgen konnte, was möglicherweise an meinem bayrisch angehauchten Sprachhintergrund liegen mag, beziehe ich mich mit meinen Anmerkungen ausschließlich auf die 'mathematisch-buchhalterische' Seite des Problems. Zum Beispiel frage ich mich wie mein Vater (er gehörte zu der Generation derer, die im Jahr 1950 zwanzig Jahre alt waren) mit den 30 Pfennig pro Stunde, die er damals - gerade von seiner Kriegsbeschädigung genesen, die er sich als Vierzehnjähriger bei einem vom Staat verordneten Panzergrabenbau-Einsatz zugezogen hat - als Hilfsarbeiter auf dem Bau verdient hat, auf die verwegene Idee kommen sollte "aus (seinem) Arbeitseinkommen einen Kapitalstock zu bilden". Ein paar Jahre später, nach der Gründung einer eigenen Familie (Frau und zwei Kinder) hat er sich entschlossen…