Es besteht Hoffnung, dass die USA Grönland nicht im Rahmen einer militärischen Sonderoperation von Dänemark befreien müssen. Vermutlich genügt ein Referendum, eine Abstimmung unter den 41.000 wahlberechtigten Inuit, ob sie der 51ste US-Bundesstaat werden möchten oder zusammengelegt mit Alaska. Sollten sie hierzu überhaupt befragt werden vom Empire, weisen dänische Kommentatoren allerdings die Grönländer darauf hin, dass sie ihre Arztrechnungen von da an nach amerikanischen Regeln bezahlen müssen und dass Alaska in Sachen Selbstmorde in den US-Charts ganz vorn liegt. Aber auch ohne Hinweise aus Kopenhagen wird jedem Grönländer klar sein, dass der neuen US-Regierung nicht die Inuit-Familien von Grönland über Kanada bis Alaska am Herzen liegen, sondern deren Uran und seltene Erden, besonders an der Südspitze Grönlands, sowie der Nordpol.
Geostrategisch würden die USA allerdings nichts gewinnen mit einer Annektion, denn Dänemark wie Grönland sind treue NATO-Partner, US-Militärbasen längst eingerichtet, der Polzugang ist gesichert. Weit wichtiger sind die Rohstoffe, die „Bohrlöcher der Hoffnung“ (Wirtschaftswoche 2023). Den Abbau von Öl, Gas und Uran verweigern die Grönländer zwar bislang, weil sie ihr Land ohne Abraumhalden hübscher finden, aber um Öl und Gas geht es ja auch nicht, jedenfalls nicht primär. Sondern um China und Taiwan. Das weiß jedes Kind, daher beschränke ich mich auf eine Erinnerung an die paar bekannten Eckdaten: Das KI-und-Internet-of-Things-Geschäftsmodell der Banken und Tech-Brothers von Musk bis Zuck bis Peter "Palantir" Thiel ist zwingend angewiesen auf Chips - in allem vom Haus bis Auto, von Smartphone bis Wasserkocher, von Satelliten bis Solarzellen und Unmengen anderer Gadgets. Und für die Chips braucht man zwingend Halbleiter. Und zur Produktion von Halbleitern braucht man seltene Erden.
Heute kommen 90% der seltenen Erden aus China, 90% der Halbleiter aus Taiwan. Daher braucht das Empire eigene Quellen für seltene Erden (Grönland) und muss entweder Taiwan kontrollieren (schwierig, könnte in einen Krieg ausarten) oder eine eigene Halbleiterindustrie in den USA aufbauen. Oder eben in einer US-Kolonie, wo Arbeitskraft nichts kostet.
Daher liegt Grönland auf der Tech-Weltkarte direkt neben Taiwan. Und wird sich von seinen seltenen Erden sowie seinem Uran trennen müssen.
Ob allerdings Strafzölle gegen den Rest der Welt als Motivationshilfe zur Umsiedelung der weltweiten Halbleiterproduktion in die USA sich als hilfreich erweisen werden? Im Zweifel nicht, im Gegenteil. Aber das steht auf einem anderen Blatt oder mehreren, nämlich in Jeffs Rubins klugem Buch „A Map of the New Normal“ (relevant, daher nicht auf Deutsch erhältlich). Dazu dann zeitnah ein paar zusammenfassende Zeilen mehr.
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